Donnerstag, 7. März 2013

Live von der Trainingsfront: Athletinnen berichten...


 Name:
Kerstin
Mama von:
Sara ( 9 Monate)
Stadt:
Dortmund
Beruf:
Grundschullehrerein

Wenigstens sie kann schlafen.


Wie sieht ein normaler Wochentag/dein Alltag mit Kind aus?
Im Moment grau und trostlos, etwas, was es irgendwie zu bewältigen gilt. Aber der Arzt hat mir versichert, dass die Medikamente bald anschlagen würden. Seit ca. 5 Wochen wache ich jede Nacht auf und kann nicht mehr einschlafen. Erst war es so gegen 5, dann gegen 4 und jetzt meist so um kurz nach 3. Dann liege ich da, hellwach, mein Herz rast, ich bekomme nicht gut Luft und ich habe Angst: Angst, nicht wieder einzuschlafen, Angst, dass ich, wenn ich nicht schlafe, den Tag nicht schaffe, Angst vor der Müdigkeit, Angst vor der Verantwortung, Angst vor der Angst.
Wenn Sara dann so gegen halb 7 aufwacht (sie schläft durch), bin ich bereits fix und fertig. Mechanisch versuche ich den Tag mit Baby zu bewältigen. Ich verstand das alles nicht, ist Sara doch ein absolutes Wunsch- und Traumkind. Irgendwann konnte auch mein Mann mir nicht mehr helfen, schlimmer noch, mich nicht verstehen. Verzweifelt ging ich vor einer Woche zu meiner Frauenärztin, der ich von meinen Nöten erzählte. Sie sagte etwas von einer „Postnatalen Depression“, die gar nicht mal so selten auftrete, und überwies mich sofort zum Neurologen. Dort bekam ich das Gleiche gesagt und ein Medikament (Antidepressivum) verschrieben. Das nehme ich jetzt seit 4 Tagen und wünsche mir nichts sehnlicher, als dass es bald wirken möge. Damit diese Hölle aufhört und ich mein Kind genießen, wieder schlafen kann und wieder Freude am Leben habe.



Was ist eine postnatale Depression?
Oh, da weiß ich jetzt Bescheid. Anders als der sog. Baby-Blues, der bei vielen Müttern kurz nach der Geburt auftritt und nach wenigen Tagen meist von selbst wieder verschwindet, tritt die PND (postnatale Depression) meist später auf, bis zu 6 -11 Monaten nach der Geburt. Ca. 15 % der Mütter erwischt es. Typische Symptome sind: traurige Verstimmung, Freud- und Interessenlosigkeit an ihrer Umgebung, Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen und Appetitverlust.
Die fast immer auftretenden Schlafstörungen werden oft nicht erkannt,
weil der Schlaf sowieso unterbrochen ist durch die Versorgung des Säuglings. Selbst in Ruhephasen finden die Betroffenen aber nicht in den Schlaf
hinein und können sich so von ihrer ohnehin sehr anstrengenden Aufgabe
als neue Mutter nicht erholen und geraten in eine immer tiefere Erschöpfung hinein.
Dazu kommt dann die Scham, weil es doch eigentlich ganz anders sein sollte.
Über die Ursachen ist man sich nicht ganz einig, die meisten Fachleute sehen es als Zusammenspiel mehrerer Faktoren: die radikale Lebensumstellung plus Schlafmangel plus die hormonelle Umstellung und damit verbundene biochemische Prozesse (Ausschüttung oder fehlende Ausschüttung von Botenstoffen).

Und was kann man dagegen tun:
Mein Neurologe hat mir Antidepressiva verschrieben, die zuallererst einmal biochemische Prozesse wieder in normale Bahnen lenken sollen. Wenn das geschieht (hoffentlich bald, denn sie brauchen wohl einige Tage, um anzuschlagen), würde das Grau erst einmal verschwinden, ich würde wieder schlafen können und diese wahnsinnige Angst würde verschwinden, sagt er. Über eine psychotherapeutische Behandlung könne man dann nachdenken.
So sieht er die Reihenfolge.

Ich wünsche Dir, dass das ganz bald passiert. Was wünschst du dir am meisten?
Dass es aufhört. Dass ich wieder ein ganz normaler Mensch werde und mein Leben mit dem Kind genießen kann. Dass das Grau aus meinem Leben verschwindet und es hell wird. Wieder ein eben mit Höhen und Tiefen und nicht mehr ein tiefes Tal der Dunkelheit. Ich bin schon froh, dass ich weiß, was es ist und nicht mehr zu allem Überfluss auch noch die Angst haben zu müssen, verrückt zu sein. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mein Kind anlachen zu können, mich an ihm, mit ihm zu freuen. Über unser Leben als ganz normale kleine Familie. Das ist mein größter Wunsch. Alles andere ist Nebensache.



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